Ganz schön schön in Pink
Das zweieinhalbwöchige Abendmode-Projekt der angehenden Bekleidungstechnischen Assistentinnen (BTA) am Anna-Siemsen-Berufskolleg (ASB) hat seinen festen Platz in der Oberstufe. In der Zeit entwickeln die Kollegiatinnen nach einem vorgegebenen Thema ein Kleidungsstück von der Idee bis zur Umsetzung. In diesem Jahr ging es um Barbie und den gleichnamigen Film. Im aktuellen Abschlussjahrgang sind nur sechs Kollegiatinnen, die ihre Ergebnisse Lehrenden und Modeinteressierten vorstellten. Die Kleider und Jumpsuits hatten sie erstmal nicht für sich selbst, sondern für andere Personen genäht, sodass sie diese auch nicht selbst auf dem Laufsteg vorstellen konnten.
Vor dem Entwurf stand die intensive Beschäftigung mit dem Thema. Im Fall Barbie ging es im Fach Gesellschaftslehre um Feminismus und die Geschichte der Puppe. Die Barbie war 1959 als Miniatur-Mannequin auf den Markt gekommen und wurde lange kritisiert, dass sie nur die stereotypen Schönheitsideale groß, dünn und blond reproduziere. Inzwischen ist Barbie, was Haut- und Haarfarbe, Figur oder Berufe angeht, diverser geworden. Im Film wird im Gegensatz zur patriarchal geprägten Realwelt die Barbie-Welt, in der die Barbies das Sagen haben, in Pink gezeichnet. Entsprechend präsent ist die Farbe Pink in den Entwürfen. Dabei sind die entstandenen Kleidungsstücke mehr oder weniger nah am Film orientiert. Andrea Sparwasser hat ein kurzes. tailliertes Kleid, das mit einem hellen Stoffband die Taille zusätzlich betont, genäht, das von der Film-Barbie so ganz ähnlich getragen wird.
Celina Laganella ließ sich von der Disco-Szene inspirieren, in der Barbie in einem glitzernden Hosenanzug über die Tanzfläche wirbelt. Zwar ist ihr Jumpsuit etwas dunkler gehalten, nimmt aber die Musterstruktur des Filmanzuges auf. Anders als der Anzug im Film verfügt ihr Suit über Träger, die mit einer Schleife fixiert werden.
Hannah Menke entwarf ein eher schlichtes Kleid, aber mit Kragen und weiten Puff-Ärmeln Gestaltungselemente aus der Filmkleidung aufnimmt. Auch ein breiter Gürtel, der die Taille betont, gehört dazu. "Allein das Nähen des Gürtels kostete mich zwei Tage", erzählte sie, schon das Verarbeiten des gerafften Stoffes sei eine echte Herausforderung gewesen. "Die Kollegiatinnen entwickeln die Kleidungsstücke in diesem Projekt von der Idee, über die ersten Skizzen, bis zum fertigen Objekt weitestgehend selbst", sagte Bereichsleiterin Sylke Bollmeier. Gerade bei dem Projekt, das die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem gesellschaftlichen Thema, Kreativität, Projektplanung und die handwerkliche Umsetzung in sich vereine, zeige sich die Vielseitigkeit des Bildungsganges.
Auch der Schulleiter André Kaiser hält den Ausbildungsgang zur BTA mit seinen Anteilen von Kreativität, Praxis und Allgemeinbildung für einen Weg, der junge Menschen bestens auf die Anforderungen in einem Arbeitsumfeld im Wandel vorbereitet. Trotzdem ist die Ausbildung zur BTA nicht mehr besonders nachgefragt. Für das laufende Schuljahr konnte nicht einmal eine Eingangsklasse gebildet werden - und das, obwohl das Interesse an Mode, so der Schulleiter, bei Jugendlichen ungebrochen groß sei. Auch bei Auftritten des ASB bei Berufsmessen oder Berufsinformationstagen sei das Interesse groß, nur fänden Interessierte den Weg nicht ans Kolleg. "Trotzdem sind wir von unserem Bildungsgang überzeugt und machen allen Interessierten Mut, sich bei uns anzumelden", sagte Kaiser.
"Ganz schön schön in Pink" aus „Neue Westfälische", 22. Dezember 2023.
Text: Ralf Bittner
Foto: Ralf Bittner
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