Verzieren, punzieren und nähen
Herford. Es ist viel los im Werkraum des Herforder Berufskollegs. 16 Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 bis 26 Jahren arbeiten konzentriert vor sich hin. Ihr Arbeitsmaterial: Leder. Hin und wieder wird sich mit Händen und Füßen verständigt, denn acht von ihnen kommen aus Frankreich und sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
„Eine Schülerin haben wir als Dolmetscherin mit im Boot“, sagt Holger Prescher. Der Bereichsleiter des Berufskollegs Anna Siemsen ist der Organisator des Projekts, welches von „Pro Tandem“, einem Austauschprojekt des Ministeriums für Bildung und Forschung, finanziert und begleitet wird.
Landestypische Arbeitstechniken kennengelernt
In dem zweiwöchigen Projekt der Oberstufe der Landesfachklasse für Sattler treffen die Herforder Schülerinnen und Schüler auf die Täschnerklasse aus dem französischen Montbard, sie lernen hier die landestypischen Fertigungstechniken im Bereich der Sattlerei kennen. „Im Mai waren wir mit unserer Klasse in Frankreich, haben dort die Techniken kennengelernt. Nun haben wir die französische Klasse bei uns in Herford zu Gast“, sagt Prescher. Und während der französische Sattler-Nachwuchs in einer Jugendherberge in Bielefeld untergebracht ist, haben die Herforder Schüler des Anna-Siemsen-Berufskollegs in Montbard im Internat gewohnt.
Auch am letzten Arbeitstag des Projekts herrscht rege Betriebsamkeit im Werkraum. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bearbeiten zahlreiche Lederstücke an den verschiedenen Arbeitsplätzen. Auch eine Nähmaschine ist in Betrieb, um die Naht eines Gürtels sauber zu gestalten. Viel Handarbeit ist hier mit im Spiel: Sie glätten Kanten, färben Leder, bringen sogenannte Punzierungen auf. Dabei handelt es sich um eine Prägung des Leders mit einem Motiv oder Muster. Auch Taschen gestalten die Schüler in diversen Variationen, die sie mit Handnähten versehen.
Stolz präsentieren die Schülerinnen und Schüler schließlich ihre selbst hergestellten Taschen und Gürtel, die die französischen Gäste als Andenken mit nach Hause nehmen dürfen. Holger Prescher zeigt sich zufrieden mit dem Austauschprogramm und dem erzielten Ergebnis. Nicht zuletzt, da auch der organisatorische Aufwand enorm war.
„Die Planungen reichen immerhin eineinhalb Jahre zurück“, sagt der Bereichsleiter. Zunächst galt es, für das Projekt eine Partnerschule in Frankreich zu finden, was sich schwierig gestaltete. Das erklärte Ziel: Zum einen die Arbeitsweisen des betreffenden Berufes im jeweils anderen Land kennenzulernen, zum anderen aber auch das Kennenlernen der anderen Kultur und Sprache.
Als die Partnerschule in Montbard gefunden worden war, erfolgte ein Vortreffen der Lehrkräfte vor Ort – und schließlich der Antrittsbesuch im Mai. „Es war eine schöne, lehrreiche Zeit in Frankreich“, sagt eine Schülerin. Die Unterbringung in einem Internat und auch die durchgetakteten Schulzeiten seien für deutsche Schüler aber ungewohnt.
„Von 8 bis 17 Uhr Schule, um 18 Uhr Abendbrot – das ist schon eine Hausnummer“, sagt auch Holger Prescher, der als Projektleiter natürlich mit vor Ort war. Da ging es in Herford schon entspannter zu, denn hier wurde von 8 bis 15 Uhr an Taschen und Gürteln gearbeitet.
Wird es im nächsten Jahr eine Fortsetzung des Austausches geben? „Wir werden jetzt erst einmal das Ganze evaluieren, ausgeschlossen ist es aber nicht“, sagt der Bereichsleiter, der sich mit viel Engagement um das Projekt gekümmert hat und zum Abschluss in zufriedene Augen der französischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer schaut, als er ihnen die gefertigten Kunstwerke als Geschenk übergibt.